„Das haben die Kinder verdient!“

24. Feb 2020 Team  DRA
„Das haben die Kinder verdient!“


Auch an ihrem 77. Geburtstag verbringt Rosemarie Frech den Morgen damit, für eine Gruppe Grundschulkinder Frühstück zuzubereiten und diese möglichst satt und motiviert in den Schultag zu schicken.

Seit 2015 steht die Rentnerin an drei bis fünf Tagen die Woche um 4:00 Uhr auf. Gemeinsam mit einer Kollegin, hat sie gegen 7:30 Uhr in der Theodor-Heuss-Grundschule in Berlin-Moabit ein gesundes Frühstück auf den Tisch gezaubert: Joghurt, Müsli, Obst, Vollkorntoast, Marmelade, Frischkäse…

Frau Frech arbeitet für das gemeinnützige Projekt brotZeit e.V., das es sich zum Ziel gesetzt hat, dass kein Kind in Deutschland mehr hungrig zur Schule geht. Denn, man glaubt es zunächst kaum, laut einer Studie der UN kommt jedes 4. Grundschulkind ohne Frühstück in die Schule. Die Gründe dafür sind natürlich vielfältig, die Leidtragenden sind jedoch immer die Kinder! Wer hungrig ist, kann sich nicht richtig konzentrieren, ist leicht reizbar, stört im Unterricht.

Frau Frech gehört zu den vielen Menschen in Deutschland, die – obwohl bereits im Rentenalter – immer noch die Lust und die Kraft verspüren, sich für die Gesellschaft zu engagieren und auch den kleinen Zuverdienst zur Rente ganz gut gebrauchen können. Schon immer war die gebürtige Schleswig-Holsteinerin im sozialen Bereich tätig. Zuletzt arbeitete sie in der Altenpflege.

brotZeit e.V., 2009 von der Schauspielerin Uschi Glas gegründet, vereint an inzwischen über 220 Schulen in Deutschland die Bedürfnisse beider Gruppen – die der Kinder und die der SeniorInnen. Und beide profitieren davon!

Rosemarie Frech erzählt, wie zu Beginn ihres Engagements für brotZeit e.V. bei vielen Kindern keine „Esskultur“ vorhanden gewesen sei. „Es ging ganz allgemein ums Benehmen und wie man das Besteck hält.“  Und es war oft Gewalt mit im Spiel: Treten, Kloppen, Geschrei, Anfeindungen und Profilierungen. „Braucht ihr einen Schiedsrichter?“ hat Frau Frech dann gefragt. Nach zwei bis drei Ermahnungen gab´s ein Frühstücksverbot. Wer wieder dabei sein wollte, musste sich entschuldigen und ab sofort die Regeln beachten. Fast alle kamen wieder zurück.

„Es hat sich alles gebessert!“ sagt Frau Frech. Und sie fügt hinzu: „Ich verurteile nicht, denn ich weiß, dass es viele Probleme gibt. Aber wenn einer nur stört, dann muss er bitte gehen.“ Sie versuche stets, etwas über die Biographien der Kinder zu erfahren, denn: „Es gibt immer Gründe. Für jedes Verhalten.“

Auch aus dem Lehrerkollegium und von der Schulleitung kommen positives Feedback und große Unterstützung. Das Frühstücksangebot und die Fürsorge der „brotZeit-Damen“ haben die Atmosphäre in den Klassen deutlich verbessert.

Schnell wird klar, dass hinter dem Konzept von brotZeit weit mehr steht als das Ziel, ein paar hungrige Mäuler zu stopfen. Es geht um das soziale Miteinander, um Respekt, darum, allen Kindern Aufmerksamkeit zu schenken und ihre Belange ernst zu nehmen. Nicht nur Brot, sondern auch Zeit spielt eine Rolle!

Und was hat die Seniorin davon? „Hier gleicht kein Tag dem anderen!“ schwärmt Rosemarie Frech. Und umgeben von jungen Menschen, fühle man sich selbst nicht alt. Am schönsten sei es jedoch, zu spüren, dass man das Vertrauen der Kinder gewonnen hat, wenn sie sich öffnen, von zu Hause erzählen. Von „Zu Hauses“ zu erfahren, in denen oft eine andere Sprache gesprochen, eine andere Religion praktiziert und eine andere Kultur gepflegt wird, ist ebenfalls eine Bereicherung für die Seniorin.

Am Ende einer langen und angeregten Unterhaltung mit Rosemarie Frech wünscht man sich, dass viel mehr Menschen in unserer Gesellschaft ihren Grundsatz verinnerlichen: „Bei mir bekommt jeder einen Vertrauensvorschuss. Das haben die Kinder verdient!“

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